· 

Ein durchwegs harziger Tag

EHWS Andalusien, Etappe 23: Arenas del Rey - Jayena

Ob Arenas del Rey, Blick nach Osten Richtung Sierra Nevada.
Ob Arenas del Rey, Blick nach Osten Richtung Sierra Nevada.

Nach einem Jahr Pause brach ich denn zum nächsten Abschnitt auf dem andalusischen GR7 auf. Am ersten Tag tat ich mich schon hinter dem ersten Hügel wieder einmal schwer mit den Markierungen beziehungsweise deren Fehlen: Ganze zwei Stunden verbrachte ich mit Wegsuchen – wahrlich ein harziger Beginn! Danach kam ich zwar flotter voran – aber vom Harz trotzdem nicht los.

Das verästelte Talbecken des Bermejala-Stausees schien mir viel grüner und der Stausee deutlich besser gefüllt als vor Jahresfrist. Antonio, der Taxifahrer, der mich hierherbrachte, bestätigte mir: Es habe heuer «nur» etwa acht Tage mit über 40 Grad gegeben, und im Gegensatz zum vorigen Sommer habe es auch immer mal wieder geregnet. Das hatte es heute Morgen ja auch bereits getan: Granada hatten wir bei Nieselregen verlassen. Hier allerdings, rund 80 Kilometer weiter südwestlich, war es trocken, und die von Olivenkulturen geprägte Nadelkissen-Landschaft lag trotz wolkigem Himmel im Sonnenschein. Am Ostrand von Arenas del Rey, nahe der Stelle, an der ich im Vorjahr ein Taxi bestiegen hatte, begann meine Wanderung.

Arenas del Rey. Zum Río Játar.
Arenas del Rey. Zum Río Játar.

Wie auf der letzten Etappe des Vorjahres sollte ich auch heute vollständig auf der Atlantik-Seite der durch die Kordillere gebildeten Wasserscheide bleiben. Die geplante Route verlief parallel zu dieser und überquerte drei Höhenrücken und ebenso viele diese trennende Talfurchen, die in Süd-Nord-Richtung Wasser von den Bergen zu dem seinerseits in Richtung Guadalquivir entwässernden Stausee hinunter leiten. Das erste Flüsschen überquert man gleich unterhalb von Arenas, wo eine Strassenbrücke über den Río Játar hinüber führt, um dahinter sofort anzusteigen. Der erste Hügelrücken ist nicht hoch und war im Nu überquert. Dahinter breitete sich fruchtbares weites Hügelland vor mir aus, begrenzt zur Rechten durch die Kulisse der Kordilleren-Massive Sierra de Tejeda und Sierra de Almijara und vorne in der Ferne durch die im Gegenlicht schimmernde Silhouette der Sierra Nevada.


Arenas del Rey - Jayena
Etappe EHWS Andalusien, Nr. 23
  (Fernwanderprojekt EHWS)
Länge / Zeit 20,5 km / 5h48'
Auf- / Abwärts 358 m / 461 m
Höchster Punkt 1'082 m (bei Landepiste La Resinera)
Tiefster Punkt 836 m (vor Fornes)
Fernwanderwege E4 (GR7)
Durchgeführt Mittwoch, 10. Oktober 2018
Weitere Facts & Figures
Vorige Etappe Nächste Etappe

  www.wandermap.net © Toursprung © OSM Contributors


Im Gemüse verloren

Wohin nur zeigt die Wegmarke?
Wohin nur zeigt die Wegmarke?

Beschwingt von der grossartigen Szenerie schritt ich der nächsten Talniederung entgegen; doch kaum hatte ich diese erreicht, schon begann ich mich im Gemüse zu verlieren, von dem der gesamte Talboden bedeckt war. Denn nicht zum ersten Mal interpretierte ich eine verwitterte GR7-Markierung falsch: Ich liess mich dazu verleiten, auf einen taleinwärts zwischen Hang und Gemüsefeldern hindurch führenden Weg abzuzweigen, der mich – so hoffte ich – zu einer Furt über den Río Añales führen sollte.

Vielleicht eine Furt?
Vielleicht eine Furt?

Doch nach einer Viertelstunde endete der Weg an einem von einem Hund laut bellend bewachten Hecktor. Also umgekehrt, zum Strässchen zurückgegangen und die nächste Abzweigung genommen; diesmal war es ein breiterer Weg zwischen Gemüsebeeten und -tunneln und kleinen Häusern hindurch. Dieser fand zwar nicht so schnell ein Ende – aber ich auch keine Furt. Oder zumindest keine, die mir passierbar schien: Ich stiess zwar auf einen Wegast, der sich zu dem Flüsschen hinabsenkte und in dieses eintauchte; er tat dies jedoch mehr als knöcheltief. Zudem war eine Fortsetzung in dem Gestrüpp am Gegenufer nicht zu erkennen – und wenn es doch eine geben sollte, so würde sie, wie ich der Beschreibung im Cicerone entnahm, völlig unmarkiert über den anschliessenden Hügelrücken – den Loma de los Quemados – hinüber führen. Etwas ratlos konsultierte ich meine Topo Map-App, obwohl diese im Allgemeinen keine Wanderwege anzeigte – doch welche Überraschung: Ausgerechnet in dieser Gegend zeigte sie eine rot gestrichelte und sogar mit GR7 bezeichnete Linie! Allerdings verlief sie nicht über den Loma, sondern um diesen herum: nämlich auf der Strasse dem See entlang! Da war mir klar: Den Rücken schenkte ich mir. Stattdessen kehrte ich erneut um und ging den langen Weg durch die Gemüsefelder zum Strässchen zurück und dann auf diesem bis zum See. Dort stellte ich fest, dass bereits drei Stunden vergangen waren – dabei hatte ich das Gefühl, noch kaum vorangekommen zu sein!

Beim Harz verweilt

Das Strässchen kurvte um die Stirnseite des Loma herum. Auf dessen Rückseite wartete mit dem Río Cacín schon der dritte Fluss; dieser liess sich aber bequem auf der Strasse überbrücken. Unmittelbar vor dem Dorf Fornes verliess ich die Strasse wieder und zweigte, einem nach «La Resinera» weisenden Schild folgend, scharf nach rechts ab. Auf einem geradlinigen Schottersträsschen schritt ich wieder nach Süden. Auch dieser Talboden war zunächst flach und voller Gemüsefelder, doch schon bald verengte er sich und ging in ein fast schon idyllisches, von Kiefernwald und dem steinigen Bachbett des Río Cacín geprägtes Bergtälchen über. Nach etwa 20 Minuten begrüsste mich ein Stück Steinmauer mit einem grossen Keramikgemälde auf dem Gelände von «La Resinera», einer ehemaligen Harzverarbeitungsfabrik, deren Betrieb nach verheerenden Waldbränden in den Jahren 1975 und 1983 eingestellt worden war. Zwischen den Bäumen waren ein Fabrikschlot sowie einige Gebäuderuinen sichtbar. In einem gut erhaltenen, von Arkaden gesäumten und einem kapellähnlichen Eckturm flankierten Gebäude war ein Informationspavillon untergebracht, den ich freilich geschlossen antraf. (Gemäss meiner späteren Recherchen war er nur an Wochenenden und Feiertagen geöffnet; es handelte es sich um eine ehemalige Schule sowie tatsächlich um eine Kapelle: Der Fabrik war nämlich ein vollständiges kleines Dorf für die Arbeiterfamilien angegliedert gewesen).

Jardín de la Resinera.
Jardín de la Resinera.

Direkt neben dem Pavillon befand sich auch ein hölzerner Wegweiser, der mir nicht nur verriet, dass ich auf den E4/GR7 zurückgefunden hatte, sondern auch, dass ich dem Ziel inzwischen doch schon näher war als dem Start. (Die Distanz nach Arenas war mit neun Kilometer angegeben, jene nach Jayena nur mit deren acht.) Es war erst halb Drei; für die durch die Wegsucherei entstandene Ungeduld bestand somit nun kein Grund mehr. Also gönnte ich mir eine Rast: Im «Jardín de la Resinera» – einem kleinen, halbwegs zwischen den Gemäuern versteckten, verwunschenen Pärklein mit Zypressen und andern Bäumen, Sträuchern und Blumen und sogar einigen Sitzbänken – fand ich einen perfekten Ort dafür.

Von der Erfahrung gebrannt

Infotafel am Flugplatz von Resinera.
Infotafel am Flugplatz von Resinera.

Danach wurde zum dritten Mal der Río Cacín und gleich darauf sein Zufluss Río Cebollón überquert. Auf einem Betonsträsschen ging es an einer Lehrtafel über Harzgewinnung vorbei steil durch den Kiefernwald zum nächsten Hügelrücken hinauf. Oben kam ich auf eine Hochfläche, von der aus sich prächtige Weitblicke über das hinter mir liegende Bermejales-Becken und nach Süden hin zu den Gipfeln und Kreten der Sierra de Almijara boten; dramatisch türmten sich Wolken über diesen auf. Erstaunt betrachtete ich die breiten, braun-roten Schneisen, die überall die Wälder zerschnitten – bis es mir dämmerte, dass es sich dabei um Brandschneisen handelte. Wie allgegenwärtig die Gefahr auch heute noch war, die einst der Resinera den Garaus gemacht hatte, davon zeugte auch der Flugplatz, der sich über einen Grossteil der Hochfläche erstreckte: Wie ich einer neben dem Geländezugang platzierten Informationstafel entnahm, diente er Löschflugzeugen und -helikoptern zum Betanken von Wasserbehältern. In einem weiten Bogen und zum Teil entlang einer Brandschneise führte mich der Weg um die Landepiste herum, bis ich plötzlich am Ostrand des Plateaus stand und die weissen Häuser von Jayena in einer breiten, olivenbaumbespickten Talmulde unter mir liegen sah. Von da ging es auf steinigem, aber gutem Fusspfad direkt ins Tal hinunter, auf einer Brücke über ein weiteres Flüsschen und geradewegs ins Dorf hinauf, das leicht erhöht am Gegenhang lag.

Bilder-Galerie

Starte die Dia-Show oder klicke dich durch (zum Vergrössern klicke zuerst auf das Kreuz in der Mitte).