Waadtländer Voralpen

EHWS Alpin, Teil II: Berneuse - Col du Pillon (2017)


Die Fortsetzung meiner Tour durch die Voralpen des Waadtländer Chablais bewältigte ich im Sommer 2017. In sechs über die Monate Juli und August verteilten Tagen wanderte ich nahe an der Hauptwasserscheide von der Berneuse bis zum Col du Pillon, einem Passübergang zwischen den Kantonen Waadt und Bern, wo Voralpen und Hochalpen zusammenstossen. Die Strecke war mit rund 84 Kilometern nicht sonderlich lang, sie enthielt jedoch etliche Gipfelbesteigungen, lange oder steile Abstiege und die eine oder andere tückische Passage.

Die Wanderroute führt im Wesentlichen entlang der Bergketten, welche die Täler der Grande Eau und ihres Nebenbaches Raverette gegen Westen und Norden abgrenzen. Über die Kreten und die sie unterbrechenden Pässe verläuft die Hauptwasserscheide: Aus dem Tal des Hongrin aufsteigend, erreicht sie den Kamm nordöstlich der Tour de Mayen beim Karrenfeld Sur les Truex und zieht sich über Tour de Famelon – Col de la Pierre du Moëllé – Mont d’Or – Gros Van – Col des Mosses – Pic Chaussy – Châtillon – Le Tarent – La Para – Col de Seron – Cape au Moine – La Chaux – Col d’Isenau – Floriette – Col des Andérets – La Palette bis zum Col du Pillon, von wo sie sich Oldenhorn empor schwingt und ins Kerngebiet der Alpen eintritt (womit ich mich aber erst nächstes Jahr befassen will).

 

Die meisten der genannten Punkte habe ich auf der Wanderung besucht, zum Teil auch miteinander verbunden. So habe ich die EHWS auf den Strecken zwischen  Les Truex und Mont d’Or, vom Gros Van zum Pic Chaussy und vom Col des Andérets bis zum Col du Pillon jeweils nahezu lückenlos erwandert. Ein durchgängiges Verfolgen der EHWS ist jedoch angesichts wegloser, schroffer Kreten und fehlender Höhenunterkünfte für Normalwanderer nicht möglich; Talabstiege mit anschliessenden Neuaufstiegen lassen sich nicht vermeiden. Der Routenverlauf zeigt daher ein etwas kompliziertes Bild, das durch Abstecher, Rückwege, Schlaufen und Rundwanderungen gekennzeichnet ist. 

Ich legte die Route in zwei Tages- und zwei Zweitagewanderungen zurück. Die im Vergleich zum ersten Teil der Voralpentour etwas grössere Entfernung zu meinem Wohnort liess mich häufiger in der Region übernachten. Zwar ist es durchaus auch im oberen Chablais  möglich, am gleichen Tag aus Bern an- und wieder zurückzureisen, wenn man Lust hat, nebst einer längeren und womöglich anstrengenden Bergwanderung auch noch vier bis sechs Stunden in Zügen, Bussen oder im Auto zu verbringen. Ich habe es ein einziges Mal getan; ansonsten bin ich jeweils am Vorabend angereist. Übernachtet habe ich in Leysin, Le Sépey, Les Mosses und zweimal in Les Diablerets.


Waadtländer Voralpen
Abschnitt EHWS Alpin, Teil II
  (Fernwanderprojekt EHWS)
Länge / Dauer 83,8 km / 6 Tage
Durchgeführt 15. Juli - 30. August 2017
Höchster Punkt 2'540 m: La Para
Tiefster Punkt 975 m: Le Sépey
Start Berneuse, Télécabine
Ende Col du Pillon
Weitere Facts & Figures
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Verlauf der EHWS, von Les Truex aus gesehen: vorne links: Tour de Famelon; gleich dahinter: Mont d'Or mit Grat nach links zum Gros Van; rechts der Bildmitte die Pyramide des Pic Chaussy, dahinter Châtillon, Le Tarent und La Para; im Hintergrund rechts das Oldenhorn über einem Wolkenband (letzteres das Diablerets-Massiv verhüllend).

Pic Chaussy, Blick nach Westen. Von rechts: Gros Van, Mont d'Or, die Tours von Leysin. Im Hintergrund der Jura über einem Streifen Genfersee.

EHWS-Infotafel auf dem Pic Chaussy.



Immer mehr von Bergen umringt

Landschaft, Anforderungen und Charakter der Wanderungen waren jenen des Vorjahresabschnitts sehr ähnlich. Insgesamt bewegte ich mich in etwas höheren Lagen, sie schwankten zwischen knapp 1‘000 und rund 2‘500 Metern: Der tiefste Punkt lag auf 975 m am Bahnhof von Le Sépey, der höchste auf 2‘540 m auf dem Gipfel der La Para. Der augenfälligste Unterschied zum ersten Teil betrifft die Aussichten: Wanderte ich damals vorwiegend dem Rand der Alpen entlang, Weitsichten über Mittelland und Genfersee geniessend, tauchte ich nun mit jedem Tag tiefer in das Gebirge ein. Mehr und mehr war ich ringsum von Bergen umgeben; vom Genfersee war nur noch selten beim Zurückschauen ein vager Schimmer zu erkennen. Andererseits rückten die mächtigen Felsformationen und weissen Gipfel der Hochalpen näher und näher; ins Zentrum des Blickfelds rückten das vergletscherte Massiv der Diablerets und das markante Oldenhorn an dessen Seite, um sich schliesslich bei der Ankunft auf dem Col du Pillon als mächtige Wand regelrecht vor mir aufzutürmen.

Ende der Voralpentour

Beginn der Hochalpen: Diablerets-Massiv. Links: Oldenhorn.
Beginn der Hochalpen: Diablerets-Massiv. Links: Oldenhorn.

Ich hatte das Glück, dass ich meinen Terminkalender in diesen Wochen teilweise nach dem Wetter richten konnte, was mir einige wunderschöne, klare und gewitterfreie, allerdings auch heisse Wandertage bescherte. Am letzten Tag – es war der 30. August – bahnte sich ein Wetterumschwung an, die Meteorologen sprachen vom Ende des Sommers. Die eine oder andere Alpenwanderung wäre freilich auch im Herbst noch möglich gewesen; ein Fahrradunfall, der mich vorübergehend wanderuntauglich machte, vereitelte dies jedoch. Andererseits schien mir der Col du Pillon durchaus ein geeigneter Ort, diesen Jahresabschnitt abzuschliessen: Denn die Voralpentour war hier zu Ende, die Fortsetzung der EHWS steigt ins Kerngebiet der Alpen ein und wird eindeutig ein neuer Abschnitt sein.

Etappierung

Unten siehst du, wie ich die Strecke in Etappen unterteilt habe.

Etappe 8 (15. Juli 2017) Berneuse - Le Sépey
13,3 km / 4h40'
Etappe 9 (16. Juli 2017) La Comballaz (Le Pilet) - Col des Mosses
14,2 km / 5h05'
Etappe 10 (17. August 2017) La Comballaz (Poste) - Gros Van - Col des Mosses
11,2 km / 4h16'
Etappe 11 (22. August 2017) Col des Mosses - Les Diablerets
19,2 km / 6h50'
Etappe 12 (29. August 2017) Lac Retaud (Diablerets) - La Para - Lac Retaud 18,8 km / 6h52'
Etappe 13 (30. August 2017) Isenau (Diablerets) - La Palette - Col du Pillon 7,3 km / 2h42'

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Projektabschnitt:

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Tagesberichte

Wie es mir beim Wandern ergangen ist, kannst du in meinem Blog nachlesen. Unten gehts direkt zu den entsprechenden Tagesberichten.


Die Mitte der Welt ist ein Karrenfeld

EHWS Alpin, Etappe 8: Berneuse - Tour de Famelon - Le Sépey

Im Karrengebiet Sur les Truex.
Im Karrengebiet Sur les Truex.

Zum Auftakt meiner Alpen-Wandersaison 2017 nahm ich mir eine Dreitagewanderung vor. Der erste Tag sollte mich zurück zur Hauptwasserscheide führen. Bereits am Vorabend war ich nach Leysin angereist und hatte dort übernachtet. Mit der Seilbahn fuhr ich wieder auf die Berneuse hinauf, wo ich letztes Jahr meine Alpentour beendet hatte.

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Anschlag auf Steigmuskulatur und Schuhsohlen

EHWS Alpin, Etappe 9: La Comballaz (Le Pilet) - Col des Mosses

Gipfel des Mont d'Or von Ormont.
Gipfel des Mont d'Or von Ormont.

Bei der Besteigung des Mont d'Or handelte es sich um eine klassische Bergwanderung, wie ich sie eigentlich gar nicht mag: rauf und wieder runter. Aber der Gipfel liegt auf der EHWS, und die anschliessende Krete ist unbegehbar: Es gibt also keine andere Wahl als die Umkehr.

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Mit neuen Schuhen zur grossen Schwinge hinauf

EHWS Alpin, Etappe 10: La Comballaz (Poste) - Gros Van - Col des Mosses

Col des Mosses. Blick zum Gros Van vor Mont d'Or.
Col des Mosses. Blick zum Gros Van vor Mont d'Or.

Erneut eine klassiche Gipfelbesteigung mit teilweise identischem Hin- und Rückweg: Mit dem Gros Van unternahm ich heute einen zweiten Abstecher zu einem Gipfel der nicht durchgängig begehbaren Mont d'Or-Kette. Auch er liegt auf der Hauptwasserscheide. Er ist etwas höher als der Mont d'Or, erwies sich jedoch als bedeutend angenehmer besteigbar als dieser.

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Alles klar im weiten Rund

EHWS Alpin, Etappe 11: Col des Mosses - Les Diablerets

Pic Chaussy, Blick über Wasserscheidengrat nach Osten.
Pic Chaussy, Blick über Wasserscheidengrat nach Osten.

Noch einmal reiste ich zum Col des Mosses. Diesmal liess ich mich mit dem Bus herbringen, und ich startete auf der Passhöhe selbst, also auf der Wasserscheide. Schon um Acht zog ich los. Möglich war dies, weil ich bereits am Vorabend nach Le Sépey angereist war und dort übernachtet hatte. Ich wollte unbedingt früh sein, machte ich mich doch auf eine anspruchsvolle Wanderung gefasst: Die Pyramide des Pic Chaussy hatte mir beim Näherkommen auf den letzten Etappen zunehmend Respekt eingeflösst. Zudem erwartete ich auf der andern Seite einen langen und vielleicht mühsamen Talabstieg. Berichte stuften die Wanderung mit Schwierigkeitsgrad T3 ein.

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Begegnungen der para-alpinistischen Art

EHWS Alpin, Etappe 12: Lac Retaud (Diablerets) - La Para - Lac Retaud (Diablerets)

Die Alp Arpille zwischen La Para (links) und Cape au Moine.
Die Alp Arpille zwischen La Para (links) und Cape au Moine.

Für zwei weitere sonnige Sommertage – laut den Wetterprognosen sollten es die letzten dieses Jahres sein – kehrte ich ins Ormont-Tal zurück. Denn noch gab es hier so viele weitere Voralpengipfel und -kämme auf der EHWS zu erwandern, dass ein einzelner Tag dafür nicht ausreichte. Für alle diese Ziele ist die hoch über dem Talende gelegene Sonnenterrasse von Isenau der ideale Ausgangspunkt. Auch für La Para, den mit 2540 Meter höchsten wanderbaren Voralpengipfel auf der EHWS, den ich als nächstes zu besteigen gedachte.

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Ende der Voralpen, Ende des Sommers

EHWS Alpin, Etappe 13: Isenau (Diablerets) - La Palette - Col du Pillon

La Palette. Blick zum Diablerets-Massiv.
La Palette. Blick zum Diablerets-Massiv.

Heute sollte es also der letzte Sommertag sein, es war eine Kaltfront im Anzug. Bereits am Nachmittag sei mit leichtem Regen zu rechnen, hiess es. Ein im Vergleich zu den Vortagen wolkigerer Himmel schien diesen schon am Morgen anzukündigen. Da ich eine vergleichsweise kurze Etappe vor mir hatte, beunruhigte mich das nicht. Es gab ja, wie ich gestern Abend beschlossen hatte, nur noch einen einzigen Berg zu bewältigen (nämlich La Palette), dann war meine Voralpen-Tour zu Ende.

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