Artikel mit dem Tag "andalucía"
Spanien · 24. Oktober 2022
Dass diese Etappe länger würde als erwünscht, stand zum Vornhinein fest. Eine überwucherte Partie, bei der der Weg mühsam durch Dornengestrüpp gesucht und erkämpft werden musste, sowie zahlreiche Auf- und Abstiege in karstigem Gelände kosteten zusätzlich Zeit. Als dann auch noch ein Gehege mit mutmasslichen Kampfstieren den Weg versperrte, sah ich als einzige Option die Umkehr und den Versuch, auf einem Umweg vor dem Eindunkeln ans Ziel zu gelangen. Ganz schaffte ich es nicht aus eigener Kraft.
Spanien · 23. Oktober 2022
Dieser Tag – ein Sonntag – liess nichts zu wünschen übrig: Er begann mit dem ersten Kaffee und dem ersten Fruchtsaft seit Wanderbeginn und setzte sich mit einem angenehm moderaten Anstieg zum Fuss des Navalperal fort. Ich fühlte mich fit, kam auf schönen und gut markierten Wanderwegen flott voran und genoss auf dem Gipfel verweilfreundliches Wetter und grossartige Rundsichten. Und beim Abstieg nach Siles lud mich eine Familie spontan zu ihrem sonntäglichen Picknick im Walde ein.
Spanien · 22. Oktober 2022
Übersehen kann man den Yelmo kaum, wenn man in der Sierra de Segura unterwegs ist: Alles Andere in der Umgebung überragend, ruht er wie ein Helm (so heisst er auf Deutsch) auf dem langgezogenen Rücken von Pontones. Man könnte ihn umfahren oder umgehen – doch wer der Wasserscheide nachspürt, kommt um ihn nicht herum: Nur seinetwegen schiesst diese um rund 400 Meter in die Höhe, um am andern Ende seiner Gipfelkante ebenso tief wieder hinabzustürzen. Ich rückte ihm vom Nacken her auf die Pelle.
Spanien · 21. Oktober 2022
Stundenlang auf der Wasserscheide gehen – das hatte ich in Spanien bislang nur auf der Sierra Nevada erlebt. Auf dem Kamm von Pontones kann man das ebenfalls tun. Er ist weniger hoch, aber durchaus spektakulär: Nach Osten neigt er sich eher sanft zu den Tälern des Segura und seiner Nebenflüsse, nach Westen jedoch fällt er über steile Felsflühe zum Tal des gestauten Guadalquivir hinab. Ich beging ihn bei Sonne, Regen und Wind und kam den Geiern nahe, die über den Abgründen kreisten.
Spanien · 20. Oktober 2022
Ein grauer Himmel lag über dem Land, böige Winde schleuderten mir von Zeit zu Zeit Schwaden von Nieselregen ins Gesicht. Unnötigerweise schien das Wetter mir einige der Eigenschaften unter die Nase reiben zu wollen, die man der Gegend zuschrieb: rauh, unwirtlich, kalt. Die Rede ist von den «Campos de Hernán Pelea»: ein ausgedehntes, einsames, nahezu waldloses Karsthochland, das auch schon als «Sibirien des Südostens» bezeichnet wurde. Ich fand es – Wetter hin oder her – grossartig.
Spanien · 19. Oktober 2022
Erwartet hatte ich einen überlangen, ermüdenden und eintönigen Marsch auf Asphalt, den es einfach irgendwie hinter mich zu bringen galt. Nur weil es die Gehzeit ein wenig zu verkürzen versprach, verliess ich im Mittelteil die kurvenreiche Strasse für eine Weile und nahm die Risiken unmarkierter Pfade in Kauf. Dabei geriet ich von Schritt zu Schritt mehr ins Staunen: Es begegnete mir, womit ich an diesem Tag ganz und gar nicht gerechnet hatte: nämlich bezaubernd schöne Natur.
Spanien · 13. Oktober 2021
Seit Tagen stand sie am Horizont, erhob sich über alle andern Berge um sie herum, schien die ganze Ebene zu überblicken und rückte immer näher. Aber heute, da ich praktisch vor ihren Füssen stand, verbarg sie sich hinter einem viel niedrigeren Bergrücken. Sie liess mich erst eine 15 km lange Zypressenallee abschreiten und dann aus einem steilen bewaldeten Tälchen emporarbeiten, ehe sie sich zu zeigen geruhte. Dann aber tat sie es umso eindrücklicher: La Sagra, Wächterin über den Altiplano.
Spanien · 12. Oktober 2021
Gemütlich ging es heute durch das fruchtbare Tal des Río Huéscar sanft aufwärts, schon am Mittag war ich am Ziel. Dass ich an einem Wochentag etlichen Spaziergängern und Joggern begegnete und auf der Plaza von Huéscar auf festlich gekleidete Leute und Militärmusik traf, versetzte mich in Staunen. Was für ein ahnungsloser Tourist war ich doch: Es war Nationalfeiertag, das Land gedachte jenes 12. Oktobers, an dem Kolumbus in Amerika an Land ging! Aber der war ja auch ein ahnungsloser Tourist.
Spanien · 11. Oktober 2021
Es war vielleicht meine einsamste Etappe im östlichen Andalusien: Ich startete bei einem alleinstehenden Bauernhof und schritt stundenlang durch menschenleeres Gebiet mit verlassenen Höfen – neben und vor mir eine weite, meist karge Ebene, über mir ein ebenso weiter Himmel. Welch eine Überraschung, als ich mich dann plötzlich in einem üppig bewachsenen Flusstal fand! In diesem versteckte sich zudem eine kleine Stadt, deren Wohnungen sich in die Talhänge hineinbohrten.
Spanien · 10. Oktober 2021
Einmal im Altiplano angekommen zeigte sich, dass es sich nicht um ein zusammenhängendes flaches Plateau handelt. Schon hinter Benamaurel taucht man in eine Furche ein, die sich viele Kilometer weit durch die wüstenähnliche Landschaft schlängelt. Ohne das bisschen Vegetation könnte man sich darin auf dem Mond wähnen. Daran hinderten mich allerdings auch die Schüsse, die gelegentlich von den Höhen herab hallten: Da wurden die Furche zum Canyon und die Sonntagsjäger zu Indianern.