Artikel mit dem Tag "cordillerasbéticas"
Spanien · 27. Oktober 2022
Am klarsten und wärmsten Tag meiner diesjährigen Spanienwanderung ging es durch üppigen Mischwald voller duftenden Rosmarins und anderer Kräuter mässig, aber stetig auf den letzten Bergrücken hinauf. Oben überquerte ich ein letztes Mal die Wasserscheide. Dann schritt ich durch lange, sich nur sehr allmählich absenkende Täler nach und nach aus dem Gebirge hinaus. Erst am Schluss machte sich dieses nochmals durch eine kurze Steilstufe bemerkbar. Dahinter sonnte sich Alcaraz auf einem Hügel.
Spanien · 26. Oktober 2022
Die Sierra de Segura lag hinter mir, nur die Sierra de Alcaraz trennte mich noch von der Meseta. In nahezu gerader Linie stieg ich zum Almenara und damit zur Wasserscheide hinauf. Von dessen Grat stürzt das Gebirge über schroffe Felswände nach Norden ab – als wollte es sich ein letztes Mal vor der unendlichen Weite der Ebene aufbäumen. Und da meine Unterkunft diesseits der Wasserscheide lag, stieg ich nochmals auf derselben Seite hinunter, wenn auch durch ein langgezogenes, flaches Tal.
Spanien · 25. Oktober 2022
Nachdem ich am Vortag von meiner Route abgekommen war, ging ich nun ein Stück auf ihr zurück und machte einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt, von dem aus ich das Tal von Riópar überblicken konnte. Tief unter mir wusste ich da den «Nacimiento del Mundo» – den Ursprung der Welt. In weniger trockenen Zeiten soll der Fluss dieses Namens als Wasserfall ins Leben stürzen, jetzt schien er es still und unspektakulär zu tun. So wie der Rest meiner Wanderung einem Spaziergang glich.
Spanien · 24. Oktober 2022
Dass diese Etappe länger würde als erwünscht, stand zum Vornhinein fest. Eine überwucherte Partie, bei der der Weg mühsam durch Dornengestrüpp gesucht und erkämpft werden musste, sowie zahlreiche Auf- und Abstiege in karstigem Gelände kosteten zusätzlich Zeit. Als dann auch noch ein Gehege mit mutmasslichen Kampfstieren den Weg versperrte, sah ich als einzige Option die Umkehr und den Versuch, auf einem Umweg vor dem Eindunkeln ans Ziel zu gelangen. Ganz schaffte ich es nicht aus eigener Kraft.
Spanien · 23. Oktober 2022
Dieser Tag – ein Sonntag – liess nichts zu wünschen übrig: Er begann mit dem ersten Kaffee und dem ersten Fruchtsaft seit Wanderbeginn und setzte sich mit einem angenehm moderaten Anstieg zum Fuss des Navalperal fort. Ich fühlte mich fit, kam auf schönen und gut markierten Wanderwegen flott voran und genoss auf dem Gipfel verweilfreundliches Wetter und grossartige Rundsichten. Und beim Abstieg nach Siles lud mich eine Familie spontan zu ihrem sonntäglichen Picknick im Walde ein.
Spanien · 22. Oktober 2022
Übersehen kann man den Yelmo kaum, wenn man in der Sierra de Segura unterwegs ist: Alles Andere in der Umgebung überragend, ruht er wie ein Helm (so heisst er auf Deutsch) auf dem langgezogenen Rücken von Pontones. Man könnte ihn umfahren oder umgehen – doch wer der Wasserscheide nachspürt, kommt um ihn nicht herum: Nur seinetwegen schiesst diese um rund 400 Meter in die Höhe, um am andern Ende seiner Gipfelkante ebenso tief wieder hinabzustürzen. Ich rückte ihm vom Nacken her auf die Pelle.
Spanien · 21. Oktober 2022
Stundenlang auf der Wasserscheide gehen – das hatte ich in Spanien bislang nur auf der Sierra Nevada erlebt. Auf dem Kamm von Pontones kann man das ebenfalls tun. Er ist weniger hoch, aber durchaus spektakulär: Nach Osten neigt er sich eher sanft zu den Tälern des Segura und seiner Nebenflüsse, nach Westen jedoch fällt er über steile Felsflühe zum Tal des gestauten Guadalquivir hinab. Ich beging ihn bei Sonne, Regen und Wind und kam den Geiern nahe, die über den Abgründen kreisten.
Spanien · 20. Oktober 2022
Ein grauer Himmel lag über dem Land, böige Winde schleuderten mir von Zeit zu Zeit Schwaden von Nieselregen ins Gesicht. Unnötigerweise schien das Wetter mir einige der Eigenschaften unter die Nase reiben zu wollen, die man der Gegend zuschrieb: rauh, unwirtlich, kalt. Die Rede ist von den «Campos de Hernán Pelea»: ein ausgedehntes, einsames, nahezu waldloses Karsthochland, das auch schon als «Sibirien des Südostens» bezeichnet wurde. Ich fand es – Wetter hin oder her – grossartig.
Spanien · 19. Oktober 2022
Erwartet hatte ich einen überlangen, ermüdenden und eintönigen Marsch auf Asphalt, den es einfach irgendwie hinter mich zu bringen galt. Nur weil es die Gehzeit ein wenig zu verkürzen versprach, verliess ich im Mittelteil die kurvenreiche Strasse für eine Weile und nahm die Risiken unmarkierter Pfade in Kauf. Dabei geriet ich von Schritt zu Schritt mehr ins Staunen: Es begegnete mir, womit ich an diesem Tag ganz und gar nicht gerechnet hatte: nämlich bezaubernd schöne Natur.
Spanien · 13. Oktober 2021
Seit Tagen stand sie am Horizont, erhob sich über alle andern Berge um sie herum, schien die ganze Ebene zu überblicken und rückte immer näher. Aber heute, da ich praktisch vor ihren Füssen stand, verbarg sie sich hinter einem viel niedrigeren Bergrücken. Sie liess mich erst eine 15 km lange Zypressenallee abschreiten und dann aus einem steilen bewaldeten Tälchen emporarbeiten, ehe sie sich zu zeigen geruhte. Dann aber tat sie es umso eindrücklicher: La Sagra, Wächterin über den Altiplano.