EHWS Jura, Etappe 6: Les Reussilles - Mont Soleil (Funiculaire)
Die Fernwandersaison 2018 begann mit dem Abschied vom Plateau der Freiberge und einer klassischen Jura-Kretenwanderung : Nach einem kurzen Aufstieg war eine Jurafalte erklommen, die wir in der Folge nicht mehr verliessen – und dies bis zum Tagesziel, wo aus der Sonne nicht nur ein Ortsname, sondern auch Strom gewonnen wird. Stundenlang wanderten wir in luftiger Höhe zwischen Fichten und Windturbinen über grün-gelbe Juramatten, auf denen der Löwenzahn – im Flachland längst verblüht – noch unumstrittener König war.
Auf der Anreise durchs Mittelland und die Juratäler der Suze und der Birs fuhren wir teilweise noch durch Nebelschwaden, aber hier oben herrschte bereits uneingeschränkt die Sonne. Die Kondukteuse der Jurabahn schickte uns einen fröhlichen Wandergruss hinterher («Je vous souhaite une belle balade!»), als wir dem Züglein bei Les Reussilles entstiegen – also dort, wo wir im August des vergangenen Jahres unsere Jura-Wasserscheidenwanderung vorläufig beendet hatten.
Wir befanden uns auf wohlvertrautem Terrain, wir kannten die Gegend von zahlreichen Besuchen und Wanderungen. Die heutige Route aber waren wir noch nie gegangen – jedenfalls deren ersten Teil nicht, den wir uns aus mehreren markierten wie auch unmarkierten Stücken zusammenschusterten. Denn so dicht das hiesige Wanderwegnetz auch ist, eine ausgeschilderte Querverbindung vom Sattel von Les Reussilles zur Jurakette der Montagne du Droit hinüber sucht man vergebens.
Les Reussilles - Mont Soleil (Funiculaire) |
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Etappe | EHWS Jura, Nr. 6 |
(Fernwanderprojekt EHWS) | |
Länge / Zeit | 15,5 km / 4h20' |
Auf- / Abwärts | 371 m / 209 m |
Höchster Punkt | 1'290 m (Mont Soleil) |
Tiefster Punkt | 1'011 m (Les Reussilles) |
Fernwanderwege | --- |
Durchgeführt | Freitag, 11. Mai 2018 |
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Genau eine solche Querlinie aber bildet die EHWS: Nach einem kurzen Stück, das der Geländerippe oberhalb des Sattels entlang in südwestlicher Richtung verläuft, biegt sie scharf nach Süden ab und schwingt sich über den Sattel von Mont-Tramelan zu der Antiklinalen hinauf , wo sie nach einem erneuten scharfen Knick ihre Südwest-Richtung wieder aufnimmt.
Windig und eher kühl
Die Startstrecke war noch markiert: Auf dem über offenes Land führenden Wanderweg nach Les Breuleux erreichten wir schon bald die Scheitellinie der Geländerippe und damit die EHWS. Es war windig und eher kühl. Wir überquerten die Bahngeleise und stiegen auf dem Scheitel gemächlich dem Rand eines Wäldchens und einem Hof entgegen. Unter einem weiten hellblauen Himmel schweiften die Blicke über ebenso weites, hell- bis blaugrünes Land : zur Rechten das gewellte Plateau der Freiberge, zur Linken die sich zum Tal der Trame absenkende Mulde und dahinter die bewaldeten Hänge der Montagne du Droit, über deren Wipfeln Windturbinen hervorlugten. Rings um uns her war das Grün dicht mit sattem Gelb besprenkelt: Wir gingen in einem Meer von blühendem Löwenzahn – eine Vegetationsphase, die das Mittelland bereits hinter sich hatte.
Beim Hof Sur le Crêt verliessen wir den Wanderweg und gingen auf dem Erschliessungssträsschen abwärts bis zur Strasse Tramelan – Les Breuleux. Deren mässigen, aber schnellen Verkehr mussten wir ein paar hundert Meter aushalten, bis zur Bushaltestelle «Mont-Tramelan Scierie», kurz vor dem Scheitelpunkt der Strasse, über den die EHWS zur Montagne du Droit hinüber wechselt. An gleicher Stelle zweigt ein Strässchen zum Berghang hinauf ab; es ist mit Wegweisern zur Bergwirtschaft «Bise de Cortébert» und einem Châlet des Blauen Kreuzes gekennzeichnet, jedoch nicht als Wanderweg beschildert. Auf ihm nahmen wir die einzige längere Steigung des Tages in Angriff. Wir passierten einen Weiler und arbeiteten uns in mehreren Schlaufen durch Wiesen und Wald den Hang hinauf. Auf dem Kamm angelangt, hielten wir bei einer Windturbine – der ersten von vielen, denen wir noch begegnen sollten – kurz Rast und orientierten uns: nach Nordwesten blickten wir über das Plateau der Freiberge in die Franche-Comté hinüber, im Norden konnten wir am Horizont die Kirche von Montfaucon und die Windturbinen von Saint-Brais ausmachen, Wegmarken unserer letztjährigen Wanderung. Im Nordosten erblickten wir den Moron-Turm im Dunst, und im Süden den Chasseral mit seinem Sendeturm; nur das tiefe Längstal von Saint-Imier trennte uns von der nächstgelegenen, höheren Jurafalte, zu der dieser gehörte.
Hier stiessen wir auf den Kreten-Wanderweg, den wir kannten und den ich unter anderem auch auf der Jura-Magistralen (ich erinnerte mich: 1997 bei Nebel und Regen) begangen hatte. Ihm folgten wir von nun an, auf oder nahe dem Kamm Richtung Südwesten. Kurz nach dem «Châlet Neuf» – in der Bergwirtschaft waren wir auch schon eingekehrt, heute hatte sie freilich geschlossen – erreicht auch die EHWS die Krete. Auf dem weitgehend waldfreien Kamm schritten wir auf sich fast samten anfühlenden Graspfaden durch vollgelbe Löwenzahnwiesen.
Vielfältige Fortbewegungsarten
Nach etwa einer Stunde – es war genau zwölf Uhr – erreichten wir den Col du Mont Crosin, eine Strassenverbindung von den Freibergen ins Vallon de Saint-Imier. Jenseits der Strasse setzt sich der Weg etwas unterhalb des Kamms auf der Seite der Freiberge als Fahrweg durch den Wald fort, bevor er wieder in Weideland hinausführt und später in einen Feldweg übergeht. Sogleich wurde es hier belebter: Waren wir bisher fast allein unterwegs gewesen, trafen wir nun öfter auf Familien und andere Gruppen. Nach der Combe Aubert – einer leichten , quer zum Kamm verlaufenden Vertiefung, bei der die Route für ein kurzes Stück nach Süden abgedrängt wird – , wurde der Verkehr zunehmend dichter: Das gut erschlossene Ausflugsgebiet Mont-Soleil mit seinem Netz aus befahrbaren Wegen, Picknickstellen und Aussichtsbänken kündigte sich an, zudem machte sich wohl auch der Freitagnachmittag bemerkbar. Nebst Wanderern, Bikern und Reitern bevölkerten auch Trottinett- und Segwayfahrer die Wege, die als Lehr- und Erlebnispfad ausgestaltet sind und allerhand Wissenswertes zum Thema Energie und zu deren Gewinnung aus Wind- und Sonnenkraft preisgeben.
Sonnenkraftwerk auf dem Sonnenberg
In einer Schlaufe durch ein Waldstück schwang sich unser Weg schliesslich auf die schmale Krete des Mont-Soleil hinauf. Dieser folgten wir nun wieder nach Südwesten und erreichten nach wenigen Minuten den Waldausgang und mit 1291 Metern gleichzeitig den höchsten Punkt. Noch einmal bot sich hier, exakt auf der EHWS stehend, eine schöne Weitsicht über die Freiberge und die Franche-Comté – Einzugsgebiet der Rhône, ein dünkleres, schmales und gewundenes Band liess den Graben des Doubs erahnen. Zur Rhein-Seite hin erblickten wir am Hang unter uns die Sternwarte und daneben das Photovoltaik-Feld des Solarkraftwerks, das dem Namen des Berges eine zusätzliche Bedeutung verleiht, und auf der andern Seite des Tales den Chasseral, jetzt zum Greifen nah.
In einem Bogen umgingen wir das Kraftwerk über die Wiese abwärts und stiegen über Strässchen und Treppenstufen am ehemaligen Sporthotel vorbei (vor vielen Jahren hatten wir hier einmal übernachtet) zur Bergstation der Standseilbahn hinunter. Gerne hätten wir hier oben eine Nacht verbracht – aber das Sporthotel war schon längst nicht mehr in Betrieb und die Bergwirtschaft «Chez l’Assesseur» heute ausgebucht. So beschränkten wir uns auf eine Erfrischung in dem mit einem Türmchen auf sich aufmerksam machenden, jedoch äusserst diskret bewirtschafteten Restaurant «Le Manoir», dann glitten wir mit der Seilbahn nach Saint-Imier hinunter und traten die Heimreise an.
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