Artikel mit dem Tag "ehwsandalusienost"



Spanien · 13. Oktober 2021
Die Wächterin über den Altiplano lässt bitten
Seit Tagen stand sie am Horizont, erhob sich über alle andern Berge um sie herum, schien die ganze Ebene zu überblicken und rückte immer näher. Aber heute, da ich praktisch vor ihren Füssen stand, verbarg sie sich hinter einem viel niedrigeren Bergrücken. Sie liess mich erst eine 15 km lange Zypressenallee abschreiten und dann aus einem steilen bewaldeten Tälchen emporarbeiten, ehe sie sich zu zeigen geruhte. Dann aber tat sie es umso eindrücklicher: La Sagra, Wächterin über den Altiplano.
Spanien · 12. Oktober 2021
Gemütlicher Morgenbummel, ahnungslose Touristen
Gemütlich ging es heute durch das fruchtbare Tal des Río Huéscar sanft aufwärts, schon am Mittag war ich am Ziel. Dass ich an einem Wochentag etlichen Spaziergängern und Joggern begegnete und auf der Plaza von Huéscar auf festlich gekleidete Leute und Militärmusik traf, versetzte mich in Staunen. Was für ein ahnungsloser Tourist war ich doch: Es war Nationalfeiertag, das Land gedachte jenes 12. Oktobers, an dem Kolumbus in Amerika an Land ging! Aber der war ja auch ein ahnungsloser Tourist.
Spanien · 11. Oktober 2021
Halbwüste mit Flussoasen und Höhlenwohnungen
Es war vielleicht meine einsamste Etappe im östlichen Andalusien: Ich startete bei einem alleinstehenden Bauernhof und schritt stundenlang durch menschenleeres Gebiet mit verlassenen Höfen – neben und vor mir eine weite, meist karge Ebene, über mir ein ebenso weiter Himmel. Welch eine Überraschung, als ich mich dann plötzlich in einem üppig bewachsenen Flusstal fand! In diesem versteckte sich zudem eine kleine Stadt, deren Wohnungen sich in die Talhänge hineinbohrten.
Spanien · 10. Oktober 2021
Schüsse über dem Canyonrand
Einmal im Altiplano angekommen zeigte sich, dass es sich nicht um ein zusammenhängendes flaches Plateau handelt. Schon hinter Benamaurel taucht man in eine Furche ein, die sich viele Kilometer weit durch die wüstenähnliche Landschaft schlängelt. Ohne das bisschen Vegetation könnte man sich darin auf dem Mond wähnen. Daran hinderten mich allerdings auch die Schüsse, die gelegentlich von den Höhen herab hallten: Da wurden die Furche zum Canyon und die Sonntagsjäger zu Indianern.
Spanien · 09. Oktober 2021
Kein Schiff wird kommen
Fast hätte ich den Jabalcón vollständig umrundet. Zuerst stieg ich in seinem schattigen Nacken zu einem riesigen Stausee hinab. In dessen oberem Abschnitt wartete eine Strandanlage samt Schiffsteg vergeblich auf Wasser. Später folgte ich zu lange dem Kanal, der die Bergflanke umgürtet. Denn ich fand die Abzweigung nicht: Vergeblich hielt ich Ausschau nach dem einen Schild, das laut Wanderführer den Weg in die Ebene hinaus weisen sollte. Jemand musste es abgerissen haben.
Spanien · 08. Oktober 2021
Phantomweg zwischen Schründen und Cherrytomaten
Statt mich von Baza aus zur Durchquerung des Altiplano aufzumachen, wandte ich mich an dessen Rand entlang der markanten Felskuppel des Jabalcón entgegen. Denn so verlief angeblich der GR7, von dem ich mir Orientierung versprach. Doch der entpuppte sich als Witz: Nicht nur war er unmarkiert, er verlor sich auch gänzlich zwischen Äckern und Erosionsschründen. Nach Zújar hinüber fand ich trotzdem. Den Abstieg säumten Felder und Gewächshäuser voller Cherrytomaten und allerhand Obst und Gemüse.
Spanien · 07. Oktober 2021
Barrierefreie Geisterstadt im Kiefernwald
War ich der Sierra de Baza bislang ausgewichen, gabs nun noch eine Art Schnuppertag. Denn in seinem nordwestlichen Zipfel fand ich eine gute Möglichkeit, das Gebirge in einem Tag zu überqueren. Dabei wandert man stundenlang durch wunderschönen Kiefernwald. In seinem Innern wartet dieser mit einem Tourismuskomplex mit Parkplätzen, einem Besucherzentrum, einer Hotelanlage und rollstuhlgängigen Wanderwegen auf. Warten tut er freilich weniger auf Touristen als vielmehr auf Geld und Betreiber.
Spanien · 06. Oktober 2021
Lob des Strassenwanderns
Die heutige Kurzstrecke war nur eine Übergangsetappe, die der Umgehung des logistischen Problems «Sierra de Baza» diente. Ich versprach mir wenig Genuss von ihr: Es erwarteten mich Asphalt, Gehen entlang der Autobahn, Übernachten an der Autobahn. Aber da sich die Strasse als fast verkehrsfrei erwies, traten bald ihre Vorteile in den Vordergrund: Es gab kein Dornengestrüpp, keine Kratzwunden, keine Rutschgefahr, keine frei laufenden Hunde. Und man kam auf ihr rasch voran.
Spanien · 05. Oktober 2021
Spiel mir das Lied vom Sonnenstrom
Beim Gang durch die Ebene des Marquesado del Zenete vermisste ich meine verlorene Alltagsbrille nicht: In der Halbwüste, die an Westernfilme erinnert und solchen auch schon als Drehort gedient hat, war ohnehin die Sonnenbrille angesagt. Denn hier gabs keinen Schatten, der war auch ganz und gar nicht erwünscht: Kilometerweit reihten sich glitzernde, gewölbte Metallbänder aneinander, die nur der Sonne wegen dastanden. Das war Andasol, eines der grössten Solarkraftwerke der Welt.
Spanien · 03. Oktober 2021
Nach dem Überschwang kamen die Dornen
Der letzte Abstieg von der Sierra Nevada begann mit Glückshormonen – und endete mit Adrenalinschüben. Welch atemberaubende Weitsicht sich da zunächst auftat! Welch faszinierende Landschaft aus Ebenen und Mittelgebirgen da vor mir im Morgenlicht schimmerte! Aber dann führte mich der Pfad durch ein enges Tal hinab und verlor sich in immer undurchdringbarerem Brombeergestrüpp. Nur mit zerkratzter Haut und Kleidung entkam ich ihm – und ohne die Brille, die es mir vom Kopf gerissen hatte.

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